Wie hat man sich früher ganz ohne Internet über neue Modetrends informiert und wo hat man neue Inspirationen bekommen? Drei Generationen berichten.
Wenn ich heute auf der Suche nach Inspirationen für meinen neuen Sommerlook bin, dann stehen mir unzählige Möglichkeiten zur Verfügung. Überall kann ich mich inspirieren lassen und überall haben auch Unternehmen die Möglichkeit, mich mit ihren Angeboten anzusprechen.
Aber wie war das eigentlich früher? Ich saß neulich zusammen mit meiner Oma am Kaffeetisch. Auf ihrem Tablet zeigte sie mir ihre neusten Bastelideen, die sie auf Pinterest gefunden hat. „Du Oma, wo hast du denn früher neue Inspirationen herbekommen?“ Da musste sie erstmal überlegen, ist ja schon lange her.
Als erstes hat man sich über das nähere Umfeld inspirieren lassen. Da sieht man ein neues Oberteil an der Freundin und der Wunsch ist geweckt, es auch zu kaufen. Das kenne ich auch, denke ich. Zumindest vor Corona hat man sich von seinem Umfeld inspirieren lassen können.
Als zweites fiel ihr sofort die Burda Moden ein. Eine Zeitschrift, die nicht nur neue Modetrends zeigt, sondern gleich die passenden Schnittmuster in die Hände der jungen Frauen gebracht hat. Selbstnähen war häufig die einzige Möglichkeit, um an neue Klamotten zu kommen. Das dachte sich auch 1950 Aenne Burda. Ihrer Vision: Frauen in Deutschland Mode einfach zugänglich machen. Die Zeitschrift existiert bis heute unter dem Namen Burda Style. Selbstnähen ist zwar weniger geworden, aber immer noch vertreten. Wobei man heute sagen würde: „Das ist DIY, handmade und voll individual.“
Für meine Mama kam Nähen nie in Frage. Ganz stolz war man früher, wenn man mit 50 Mark in die Stadt gefahren ist und sich eine Levis Jeans gekauft hat. Zeitschriften hat sie zwar auch gelesen, aber viel wichtiger war es, was die Stars der Zeit getragen haben. Musikvideos hat sie besonders gerne gesehen, die liefen auf MTV im Fernsehen.
Fernsehen, das ist ein Stichwort, hat meine Schwester gesagt. Hier hat sie sich häufig inspirieren lassen. Die gut gekleideten Moderatoren auf ProSieben und besonders das jährliche Highlight „Germanys Next Topmodel“ haben sie verleitet ihren Kleiderschrank mit neuen Sachen zu bestücken. Praktisch, dass im Abspann die Modelabels ihr Logo integriert haben oder dass Produkte gekonnt in TV Soaps eingebaut werden.
Und wenn ich so an mich denke? Ich schaue, was mir so vorgeschlagen wird auf den Websites der Zeitschriftenanbieter, scrolle mich durch Instagram, like Bilder mit ausgefallenen Styles von Influencern und verbringe Stunden auf AboutYou. Mein Warenkorb wird befüllt, gelöscht, wieder befüllt und dann nach Tagen des Überlegens bestellt. Apropos Bestellen, wie lief das denn früher ab? Meine Oma lacht: „Na über den Quellekatalog.“ An diese kiloschweren Kataloge kann selbst ich mich noch erinnern. Dann wurde Seite für Seite genau inspiziert, eingekreist, was einem gefallen hat und am Ende ein Bestellformular ausgefüllt und verschickt. Bei Quelle gab es Angebote für die ganze Familie und auch nach dem Durchblättern dienten die Kataloge uns Kindern als Bastelmaterial.
Doch Mode aus dem Katalog ist heute nicht mehr angesagt. Das bestellen, was auch die Nachbarin trägt, ist in Zeiten von Individualisierung und der Möglichkeit ausgefallene Einzelstücke zu bekommen, nicht mehr aktuell.
Und die nächste Generation? Die wird sich sicherlich nicht mehr selbst auf die Suche nach Inspirationen machen, sondern sich von dem auf sie abgestimmten Programm berieseln lassen. Dank neuer Technologien und Algorithmen wird schon der nächste Modetrend geliefert, bevor man überhaupt bestellen konnte.
Bis es so weit ist, scrolle ich mich weiter durch die Inspirationsflut auf der Suche nach meinem Sommeroutfit. Oder ich bleibe einfach meinem Lockdown Look treu, das ist sowieso viel einfacher – und bequem.
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